Er ist der wohl charmanteste Drecksack innerhalb der internationalen Serienlandschaft. Bereits über ganze sieben Staffeln pöbelt, säuft und - mit Verlaub - vögelt sich der abgehalfterte Schriftsteller Hank Moody (in der Rolle seines Lebens: David Duchovny) durch allerhand Eskapaden hinter den schönen Fassaden der Hollywood-Industrie. Immer mit dem Ziel, das Herz seiner Angebeteten Karen (Natasha MacElhone) sowie das seiner heranwachsenden Tochter Becca (Madelaine Martin) zurückzuerobern, die unter dem Raufboldimage ihres Familienoberhauptes schon oft zu leiden hatten. Am besten im Sturm und von jetzt auf gleich. Doch das Leben von Hank verläuft selten in geordneten Bahnen. Als Stationen seines bisherigen Lebens mussten bereits der Knast, die Entzugsklinik und diverse Krankenhäuser herhalten. Doch Hank Moody wäre nicht Hank Moody, wenn er es nicht immer wieder aufs Neue versuchen würde, seine Ankündigungen, ein besserer Mensch werden zu wollen, auch in die Tat umzusetzen. Zumindest versucht er es. An seiner Seite: Sein Agent und bester Freund Charly (Evan Handler), der nicht unbedingt mit weniger Problemen zu kämpfen hat als sein über alles geliebter Kumpel. Doch gemeinsam lassen sich schwere Zeiten einfach besser durchstehen als allein. Gemeinsam und mit schönen Frauen, Alkohol und jeder Menge Kokain.
Genau in solch einer schweren Zeit beginnt auch die seit kurzem hierzulande auf DVD und Blu-ray erhältliche, sechste Staffel der Showtime-Serie „Californication", die in den USA nun mit einer finalen achten Season abgeschlossen wird. Schon mehrmals manövrierten sich einzelne Seasons in ein Staffelende, das ohne Zweifel auch als Serienfinale hätte herhalten können. Nicht so die fünfte, in welcher Moody von seiner Kurzzeit-Affäre Carrie (verführerisch: Natalie Zea) mit Tabletten vergiftet wird. Nur wenige Stunden später befinden wir uns am Krankenbett des dem Tod wieder einmal von der Schippe gesprungenen Hank Moody. Dass der Strudel aus Besäufnissen, Drogenkonsum und schlüpfrigen Bettgeschichten nun aufs Neue beginnt, sollte jedem klar sein, der all die Kapriolen unserer aller Lieblingsautors bereits über die letzten fünf Staffeln mitverfolgte. „Californication" bleibt seinem Stil treu; viel nackte Haut und brachial-sexistische Dialoge inklusive. Auch eingefleischte Fans der Serie müssen zugeben, dass das Format noch nie für seine überbordenden Plottwists bekannt war. Es ist die Freude am Voyeurismus, die „Californication" zu einer Art süßer Sünde macht, womit sie ihr angestrebtes Kernthema noch nicht einmal verfehlt. Hinter die Hochglanzfassade der Reichen und Schönen zu blicken, bietet auch der sechsten Staffel reichlich Zündstoff und schlussendlich reichte dies auch in der Vergangeneit völlig aus, um im Jahresrhythmus 13 Folgen zu bestücken. Schöne Frauen, heiße Affären und das Spiel mit diversen illegalen Verlockungen: Auch Staffel sechs nimmt sich nicht davon aus, dem Publikum all die bekannten Zutaten erneut auf dem Silbertablett zu servieren.
Dennoch verliert gerade „Californication" dabei eines nicht aus den Augen: die Figurenzeichnung. Scheint die Serie auf den ersten Blick lediglich oberflächliche Unterhaltung für Erwachsene zu bieten, offenbart sich unter der rauen Schale ein intensiv gezeichneter Kern, der den psychischen Verfall seiner Protagonisten betrachtet und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt. Trat der Charakter Hank Moodys vor allem in Staffel zwei und drei spürbar auf der Stelle (was dennoch in ein nie erreichtes Staffelfinale am Ende der dritten Season mündete), reift vor allem er in den darauf folgenden Ereignissen zusehends. Folglich beginnt die sechste Staffel mit einem längst fälligen Aufenthalt in einer Suchtklinik - und seine Tochter ist auf dem besten Weg, in seine Fußstapfen zu treten. Die Interaktion innerhalb dieses Vater-Tochter-Gespannes ist einer der größten Pluspunkte von Staffel sechs und erreicht nie erahnte Höhepunkte. Wenn sich Hank und Becca über das Leben der hübschen Teenagerin unterhalten und ihr Vater begreift, was für Auswirkungen sein Lebensstil auf sie gehabt haben muss, erreicht „Californication" eine emotionale Tiefe, die man so vorab noch nie innerhalb des Formats gesehen hat.
Auf der anderen Seite sorgt wieder mal vornehmlich das Duo Charly-Hank für allerhand kurzweilige Situationskomik. Highlight: Charly gibt sich zu Gunsten eines Jobs als Homosexueller aus. Dass sich das für den bekennenden Sexsüchtigen (und Hetero!) nicht lange mit sich selbst vereinbaren lässt, ist da wenig verwunderlich. Natasha MacElhone rückt derweil mehr denn je in den Hintergrund, was der Figur Karen jedoch nicht schlecht bekommt. Viele Fans waren die ewige „Kriegen-sie-sich-oder-kriegen-sie-sich-nicht"-Thematik mittlerweile Leid. Einen Hauch dessen kann auch die sechste Season noch gut vertragen, mehr denn je stehen jedoch andere Konflikte im Mittelpunkt.
Fazit: Auch in Staffel sechs entwickelt sich „Californication" weiter, ohne die einstigen Wurzeln zu leugnen. Es ist ein Jammer, dass nach der achten Staffel definitiv Schluss sein wird.
Zum Original