Supermärkte und Restaurants backen ihr Biobrot meist nicht selbst, sondern lassen sich beliefern. Für Nachschub sorgen spezialisierte Bäckereien, die trotz großer Produktionsmengen an ihren handwerklichen und ökologischen Prinzipien festhalten.
Nicht jeder Berliner hat eine Biobäckerei um die Ecke, deshalb weichen viele Hauptstädter auf den guten alten Bioladen aus, wenn es um die gesunde Kohlenhydrate-Zufuhr geht. Aber woher kommt eigentlich das Brot, das man im Bioladen kauft? In den meisten Fällen wahrscheinlich von der Firma Märkisches Landbrot (Foto oben). Der Marktführer in Sachen Bio-Lieferbäckerei hat seine Wurzeln in der Kollektiv-Szene der 70er Jahre und ist seinen Idealen bis heute treu geblieben. Märkisches Landbrot beliefert fast alle großen Biomarktketten in Berlin, aber auch kleinere Läden. Das Unternehmen residiert in Neukölln in der Nähe der Grenzallee in einem mit Wein bewachsenen Gebäude mit Solarzellen auf dem Dach. "Die Bäckerei gab es hier schon seit 1930", erzählt Joachim Weckmann, der gemeinsam mit Christoph Deinert (Foto Mitte) als Geschäftsführer tätig ist. "Als ich sie 1981 gekauft habe, war sie fast pleite." Die Produktion wurde auf Bioland-Richtlinien umgestellt, und als es ab 1991 Demeter-Getreide aus Brandenburg gab, folgte die Demeter-Zertifizierung.
Die Produktion umfasst nicht nur das Backen, sondern auch das Mahlen des Korns. Dieses umfassende Konzept ging von Anfang an auf: "Wir hatten von Beginn an gute Wachstumsraten. Am Anfang waren unsere Kunden in erster Linie Studenten, Freaks und Hippies", schmunzelt Weckmann. "Heute ist Bio zwar mainstream, aber wir haben in Berlin beim Brot insgesamt trotzdem nur sechs Prozent Bioanteil." Damit diese Zahl steigt, arbeitet Weckmann eng mit den anderen Bio-Lieferbäckereien in Berlin und Brandenburg zusammen. Gemeinsam mit Biohöfen aus der Umgebung hat das Unternehmen das Siegel "fair und regional" mitbegründet. "Die Bauern brauchen langfristige Verbindlichkeiten. Wenn sie sich entscheiden, ein bestimmtes Getreide anzubauen, dann haben sie die Gewissheit, dass wir das auch abnehmen." So fördert die Initiative zum Beispiel den Anbau von alten Getreidesorten wie Champagnerroggen, der sich im Zuge des Klimawandels inzwischen besser auf den einheimischen Feldern behauptet als herkömmliche Sorten.
Außerdem wurde ein Projekt gestartet, um Sonnenblumenkerne in Brandenburg zu produzieren. Zur Zeit werden rund um Berlin überwiegend Ölsonnenblumen angebaut - das bringt den Bauern mehr Geld. "Die hier geernteten Kerne sind doppelt so teuer wie die Import-Kerne aus China, aber wir finden das Projekt trotzdem wichtig", erklärt Weckmann. Nicht nur beim Korn macht Märkisches Landbrot keine Kompromisse, sondern auch beim Wasser. "Wasser macht 40 Prozent der Rohstoffe eines Brotes aus, ist also mengenmäßig der zweitwichtigste Rohstoff", erklärt Weckmann. Und so kommt das Wasser für seine Backwaren aus einem Brunnen mit eigener Wasserquelle, die sich auf dem Gelände befindet.
Insgesamt arbeiten 20 Bäcker bei Märkisches Landbrot, doch die großen Mengen von Broten, die täglich gebacken werden, können sie nur mithilfe von Maschinen bewältigen. "Es gibt keine einzige Brotsorte bei uns, die nur über Maschinen läuft", stellt Weckmann klar. Viele Brote kommen ohne handwerkliche Arbeit nämlich gar nicht aus. "Vollkorn ist schwierig zu verarbeiten, ohne Backhilfen erst recht. Es kommt viel Wasser hinein, deshalb sind die Teige nicht maschinengängig, die würden nur kleben", erklärt der Experte. Kompromisse bei der Herstellung kommen für ihn nicht in Frage, trotzdem lehnt Weckmann konventionell produzierte Backwaren nicht grundsätzlich ab. "Es gibt in dem Bereich sehr gute Brote, aber man muss das Kleingedruckte lesen. Und dann muss man wissen, dass es laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bis zu 124 Zusatzstoffe gibt, die überhaupt nicht deklariert werden müssen."
Wer auf Nummer sicher gehen will, kauft Brote, die bio- oder Demeter-geprüft sind wie die von Märkisches Landbrot. Oder auch von Endorphina, eine andere Bäckerei mit Biosiegel, die sich auf den Lieferservice spezialisiert hat. Endorphina beliefert Bioläden, Cafés und Restaurants und hat zusätzlich eigene Marktstände, zum Beispiel in der Markthalle Neun, sowie einen kleinen Hofladen. Anders als in der Bäckerei Märkisches Landbrot, die zu 83 Prozent Vollkornmehl verwendet, wird bei Endorphina auch viel Weißmehl oder Auszugsmehl verbacken - so nennt man Mehl, bei dem nur der Kern des Korns verwendet wird, und das daher weniger Ballaststoffe enthält. "Der Mensch ist ein Genießer, und ein Croissant aus Weizenmehl ist vielleicht weniger gesund, aber es schmeckt, während ein Vollkorncroissant hauptsächlich gesund ist", lacht Katharina Rottmann (Foto links), die Geschäftsführerin. Mit Croissants und Ciabatta in Bioqualität hat sie vor zehn Jahren angefangen, damals hieß die Firma noch Ciabatoni & Crossini und befand sich in Friedrichshain. Doch allein mit der begrenzten Produktpalette konnte sich die Firma nicht halten, vor einem Jahr wurde sie abgewickelt und später Endorphina in einem alten Neukölner Gewerbehof ins Leben gerufen. Hier werden nun auch andere Brotsorten gebacken, und das ziemlich gut: Das Kartoffel-Dinkel Brot wurde von der Bäcker-Innung bereits mit Gold prämiert.
Bei Endorphina setzt man nicht allein auf das Biosiegel, genauso wichtig ist die regionale Herkunft der Zutaten. "Wir beziehen unser Mehl von einem Müller im Spreewald, da sind wir seit zehn Jahren Kunde und fahren auch immer zum Mühlenfest hin und schütteln den Bauern die Hand", erzählt sie. Das Besondere am neuen Standort ist die gläserne Backstube. Von allen Seiten kann man durch Fenster hineinschauen. "Wir wollen, dass man das Handwerk sieht. Deshalb haben wir keine Schaubäckerei, sondern eine gläserne Bäckerei, wo die ganze Produktion sichtbar ist, nicht nur ausgewählte Teile." Außerdem finden bei Endorphina auch Veranstaltungen statt. Gerade war eine Grundschule zu Besuch, nur zum Zuschauen, aber das nächste Mal wollen die Kinder selbst backen. Wer will, kann bei Endorphina auch einfach vorbeischauen, einen Blick in die gläserne Bäckerei werfen und im kleinen Hofladen sein Lieblingsbrot kaufen.
Text: Annika Zieske
Fotos: Sandra Wildeboer / HiPi
Märkisches Landbrot GmbH Bergiusstraße 36, Neukölln, Tel. 613 91 20, www.landbrot.de
Endorphina Elsenstraße 52, Neukölln, Tel. 29 04 73 03, www.endorphina.de