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Gadolinium: Kontrastmittel für MRT-Aufnahme kann giftig sein

Mit einem MRT können Mediziner wichtige Diagnosen stellen. Doch nicht immer ist Kontrastmittel notwendig

Die Europäische Arzneimittelbehörde warnt vor Kontrastmitteln mit Gadolinium. Einige Präparate dürfen ab jetzt nicht mehr verwendet werden.


Vor zwei Jahren arbeitete Georg Wehr noch als Krankenpfleger. Dann stürzte eine Patientin, er versuchte, sie abzufangen und verletzte sich dabei an der Bandscheibe und Hüfte. Es folgten vier MRT-Aufnahmen.

Die Abkürzung MRT steht für Magnetresonanztomografie, die früher Kernspintomografie genannt wurde. Wehr erhielt bei jeder Aufnahme ein gadoliniumhaltiges Kontrastmittel. „Ich wollte gesund werden und vertraute den Ärzten", sagt Wehr. Seit dem Unfall ist er arbeitsunfähig - auch, weil ihn das Gadolinium krank gemacht habe.

Reines Gadoliniummetall ist sehr giftig. Ärzte gingen bisher dennoch davon aus, dass es in Kontrastmitteln harmlos ist. Denn in den Mitteln ist das Metall in sogenannten Chelaten chemisch gebunden. Die Ärzte nahmen lange an, der Körper scheide es so innerhalb weniger Stunden nach der Gabe einfach aus.

Gadolinium bleibt lange im Körper

Das Gegenteil bestätigte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) vor einem Jahr. Medizinern war dies schon länger bekannt: Gadolinium kann noch viele Monate, sogar eineinhalb Jahre nach einem MRT im Körper nachgewiesen werden - in der Haut, in Knochen und auch im Gehirn.

Nicht bekannt sind bisher Gesundheitsschäden durch abgelagertes Gadolinium bei gesunden Menschen. Bekannt ist nur, dass die Mittel bei Nierenpatienten Fibrosen - vernarbtes Gewebe - auslösen, das bei ihnen tödlich sein kann, wenn die Haut um die Organe betroffen ist.

Die EMA schätzt das Risiko durch die Ablagerung von Gadolinium hoch genug ein, um einen Zulassungsstopp zu empfehlen. Deshalb werden in Deutschland zum 1. März 2018 die meisten sogenannten linearen Kontrastmittel vom Markt genommen.

Radiologen brauchen Gadolinium für die Diagnose

Das Gadolinium löst sich bei den linearen Mitteln im Körper leichter als bei den stabileren Kontrastmitteln, den makrozyklischen. Diese bleiben weiterhin zugelassen. Allerdings fanden sich auch bei den makrozyklischen Mitteln Rückstände von Gadolinium im Gehirn.

Radiologen betonen, dass sie Gadolinium für die Diagnose brauchen. Denn durch das Metall leuchten durchblutete Gebiete - wie beispielsweise Tumore - auf den MRT-Bildern stärker. „Bei der Mamma-Bildgebung zur Brustkrebsdiagnose ist ein Kontrastmittel ein Muss, bei Herzbildern zur Darstellung von Narbengewebe auch", sagt der Radiologe Henrik Michaely, der Mitglied der Taskforce MR-Kontrastmittel der Deutschen Röntgengesellschaft ist. Er schränkt jedoch ein: „Kontrastmittel wird nicht bei jeder Untersuchung gebraucht."

In Deutschland erhielten im Jahr 2015 rund 800.000 Patienten bei MRT-Untersuchungen in Krankenhäusern ein Kontrastmittel, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) angibt. Hinzu kommen Patienten im ambulanten Bereich, für den Zahlen fehlen. Der Bundesverband deutscher Nuklearmediziner geht von 2,4 bis drei Millionen MRTs mit Kontrastmitteln jährlich aus.

Kontrastmittel nicht unnötig oft geben

Problematisch ist, dass Ärzte oft nicht überblicken, wie häufig ein Patient ein Kontrastmittel bereits gespritzt bekam. „Ärzte gehen meist davon aus, dass der Patient keine Vorbelastung hat", sagt der Metalltoxikologe Peter Jennrich, der chronische Metallbelastungen behandelt. Wehr erhielt Kontrastmittel viermal, davon dreimal innerhalb eines Monats.

Doch weil sich das Gadolinium im Körper anreichert, steigt das Gesundheitsrisiko mit jeder weiteren Gabe. „Je länger Gadoliniumchelate im Körper verbleiben, umso eher werden extrem giftige Ionen frei", erklärt Jennrich. „Das kann zu zellulären Problemen führen." Bekannt sind etwa Kopf-, Knochen- und Ganzkörperschmerzen.

Patienten sollten nicht unnötig häufig mit Kontrastmitteln belastet werden. Jennrich sieht die Lösung in einer Art Röntgenpass. Dort könnte vermerkt werden, wann und wie viel des Kontrastmittels verabreicht wurde.

Eintrag im Röntgenpass wäre praktisch

Auch der Radiologe Henrik Michaely hält es für sinnvoll, alle MRT-Untersuchungen zu dokumentieren. Er befürwortet eine elektronische Gesundheitsakte, auf die zukünftige Ärzte des Patienten zugreifen können. So würde sichergestellt, dass Patienten so wenig wie nötig der Kontrastmittel erhalten.

Noch sind die Langzeitfolgen der Kontrastmittel unerforscht. Bisher wurden keine Schäden durch Gadoliniumablagerungen im Gehirn gefunden. In den USA bleiben die Substanzen weiterhin zugelassen, doch dort müssen Patienten seit Dezember eine medizinische Information lesen, bevor sie ein Kontrastmittel verabreicht bekommen.

Bei den linearen Kontrastmitteln, die nun überwiegend vom deutschen Markt genommen werden, fand sich eine höhere Menge Gadolinium im Gehirn als bei den makrozyklischen. Dennoch sind auch bei den makrozyklischen Kontrastmitteln gesundheitliche Schäden keinesfalls ausgeschlossen.

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