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Johan von Forstner (15): Kiels jüngster Student ist ein Schleswiger | shz.de

Das große Mammutbuch der Technik - empfohlen für Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren - hat Johan von Forstner bereits im Kindergarten verschlungen. Dass der Schleswiger überdurchschnittlich begabt ist, zeichnete sich schon früh ab. Heute ist er mit 15 Jahren der jüngste Student der Uni Kiel, eingeschrieben für Physik und das Nebenfach Informatik.

Grundstein dafür war vielleicht schon besagtes Technikbuch im Kindergarten - damals kein Problem für Johan, schließlich konnte er schon mit drei Jahren lesen. Wie das kam, kann sich seine Mutter bis heute nicht recht erklären. Zu der Zeit war Johans jüngerer Bruder noch ein Baby und hielt die Mutter ziemlich auf Trab. Als sie den beiden Jungs abends im Bett eine Geschichte vorlas, döste sie kurz ein, wurde dann aber sofort wieder wach, weil sie eine Stimme hörte, die den Text weiterlas.

Kein Wunder also, dass Johan seine Schulzeit in kürzester Zeit hinter sich brachte. Mit sechs startete er an der Wilhelminenschule. Den Eltern und seiner Lehrerin fiel schnell auf, dass er sich häufig langweilte, sodass nach einem Gespräch mit dem Direktor feststand, dass er die dritte Klasse überspringen sollte. Über die Sommerferien bekam der Grundschüler einige Bücher und Unterrichtsmaterialien mit nach Hause, um den fehlenden Stoff aufzuarbeiten. Nach der Grundschule ging es für ihn auf der Lornsenschule weiter, und auch dort war er häufig unterfordert. Er übersprang drei weitere Klassen: Nach der ersten Hälfte der sechsten Klasse, und statt der zehnten Klasse absolvierte er gleich die zwölfte.

Obwohl Johan auch zuvor nie Neid oder Ausgrenzung wegen seiner schulischen Leistungen erfahren musste, fiel ihm der Sprung in die Oberstufe am leichtesten. Bei den älteren Schülern fühlte er sich am besten aufgenommen. Damit er inhaltlich mit ihnen Schritt halten konnte, bekam er zeitweise sogar vom damaligen Schulleiter Andreas Neye Nachhilfe in Chemie. Rückblickend lobt Johan seine Lehrer: „Die haben das ziemlich gut hingekriegt, schließlich hatten sie so einen Fall wie mich vorher bestimmt noch nicht."

Das Gefühl, mit dem Arbeitspensum in der Schule ausgelastet zu sein, hatte er meist nur für kurze Zeit, direkt nach dem Überspringen. Die Vorbereitung auf das Abitur habe ihm dennoch genug Arbeit gemacht, sagt er. Trotzdem blieb ihm genug Luft zum Segeln, Klavier spielen und den Oberstufenchor. Nebenbei programmierte er in dieser Zeit auch eine App für Mobiltelefone, mit der seine Mitschüler den Vetretungsplan abrufen können.

„Weil ich so schnell in die Oberstufe kam, hatte ich wenig Zeit zu überlegen, was danach kommen soll", erklärt der 15-Jährige. Physik interessierte ihn schon immer, sodass er sich gemeinsam mit zwei Freunden von der Lornsenschule an der Uni Kiel einschrieb. Bereits bei der Anmeldung über ein Online-Formular stellte sein junges Alter die erste kleine Hürde dar: Das Geburtsjahr sollte aus einer Liste ausgewählt werden, der Jahrgang 1998 war aber gar nicht vorgesehen. „Machen Sie sich einfach zwei Jahre älter, wir ändern das dann nachträglich", hieß es von der Uni. Dort mussten seine Eltern wenig später unterschreiben, dass sie Johan erlauben, sich ohne die Elternunterschrift zu den einzelnen Klausuren anzumelden.

Die ersten vier Wochen mit Vorlesungen statt Unterricht waren für den Überflieger spannend. „Alles ist neu und ganz anders als in der Schule, wo der Stoff zehn Mal wiederholt wird. Das ist hier schon anstrengender." Sein jugendliches Alter sähen ihm die meisten Kommilitonen gar nicht an, sagt er. Trotzdem ist er schon während der Mathe-Vorkurse aufgefallen, als in einer Anwesenheitsliste die Geburtsjahrgänge vermerkt waren. „Da hat sich das ein bisschen rumgesprochen." Aber nicht nur vom Alter her sind ihm seine Kommilitonen etwas voraus, sondern auch in Sachen Führerschein. Bis zu seinem Abschluss wird Johan mit der Bahn zurück in die Schleswiger Heimat pendeln, und dann ist es gut möglich, dass er den Bachelor vor der Fahrerlaubnis in der Tasche hat.

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