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Proteste und Premiere beim Zirkus Probst | shz.de

„Manege frei für Tierquälerei", dröhnte es gestern Nachmittag vor dem Willy-Brandt-Platz durch ein Megaphon. Danach: „Für die Tiere stehen wir hier - eure Gewalt verachten wir". Mit Trillerpfeifen, Ratschen, Plakaten und Flyern hatten sich gestern Tierschützer vor der Einfahrt zum Gelände, auf dem gerade der Zirkus Probst gastiert, aufgestellt. Viele waren es allerdings nicht. „Es sind weniger da als ich gehofft hatte", sagte Hilde Bernert. Sie ist Mitglied in der Ortsgruppe Rendsburg von „Animal Rights Watch" (Ariwa), von der vier Kollegen mitgekommen waren. Aber die meisten Demonstranten waren aus Schleswig angereist.

Dort war der Zirkus vor einer Woche, die Proteste vor dem Eingang waren aus dem Ruder gelaufen, so dass die Polizei eingreifen musste. In Rendsburg rückten die Beamten deshalb gleich mit einem Fünferteam an. Doch kurz vor Beginn der Vorführung waren nur noch drei Polizisten vor Ort. Uwe Kuenzel, stellvertretender Revierleiter sagte, die Demonstranten seien sehr kooperativ und freundlich gewesen. Die räumliche Situation des Geländes sei außerdem besser als in Schleswig, so dass es kein direktes Aufeinandertreffen von Zirkusmitarbeitern und Demonstranten gab. Ihr Ziel habe sie zwar nicht erreicht, räumte Tierschützerin Bernert ein, die sich grundsätzlich gegen Aufführungen mit Tieren einsetzt. „Wir sind von den Besuchern wahrgenommen worden, das ist uns wichtig." Für heute und morgen plant sie weitere Aktionen, wenn genügend Demonstranten zusammenkommen, möchte sie vor der Show um 16 Uhr und abends vor 19.30 Uhr Position beziehen.

Artgerechte Tierhaltung war auch unter den Zuschauern Thema. Christine Wien besuchte mit ihrem zweijährigen Sohn die gestrige Vorstellung. Sie war hin und her gerissen: „Die Nummern mit den Tieren gefallen mir am besten - obwohl das ja eigentlich Sünde ist." Besucherin Daniela Konrad hat sich in der Pause mit ihren Kindern die Gehege angeschaut. „Wenn es den Tieren nicht gut gehen würde, könnte man das sicherlich sehen", ist sie überzeugt, und ihre 15-jährige Tochter Kimberley ergänzt: „Dann gäbe es den Zirkus auch nicht so lange." Den Demonstranten raten die beiden, sich zunächst zu informieren, welcher Zirkus in die Stadt kommt und wie dort die Tierhaltung ist, bevor alle unter den gleichen Generalverdacht der Tierquälerei gestellt werden.

In der Vorstellung selbst kam das Thema zweimal zur Sprache. Als per Lautsprecher der baldige Beginn der Show angekündigt wurde, entschuldigte sich Zirkus-Chef Reinhard Probst bei seinem Publikum für die lauten Demonstranten. Auch die Ansage vor der Pause nutzte er, um zu erwähnen, dass sein Betrieb eine Auszeichnung für gute Tierhaltung erhalten habe.

Besonders die Tiernummern - allen voran die sechs weißen Löwen - waren es, die das Publikum mit viel Applaus belohnte. Nach Pferden, Kamelen, Watussirindern, einem Zebra und einem Emu drehte ein schwerfälliger Yak - auch tibetischer Grunzochse genannt - seine Runden durch die Manege und sprang jeweils zwischen Hals und Höcker zweier Kamele hindurch. Die Helden der jüngsten Zuschauer waren aber die zwei Clowns. Denis und Vladimir Stoliarov begeisterten nicht nur mit übergroßen Luftballons und einem gekonnten Froschkonzert, sondern stahlen auch einer Trapezartistin auf ihre charmant trottelige Art die Schau - und ernteten dafür schallendes Gelächter.

Mit der Premierenvorstellung war Juniorchefin Sonja Probst zufrieden. Von den 1300 Sitzplätzen war etwas weniger als die Hälfte besetzt.

von Anne Welkener erstellt am 31.Jul.2014 | 11:07 Uhr

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