Die Patientin hat sich ohne Widerstände einen Mund-Abstrich nehmen lassen. Auch mit der Blutabnahme ist sie einverstanden. Sie nickt, zögerlich. Doch als der Mann mit seinem gelben Anzug und der Nadel auf sie zukommt, zuckt ihr Arm zurück. Der Helfer fragt noch einmal nach, dann bricht er die Aktion ab, um sich nicht selbst zu gefährden. Er will sich gerade wegdrehen, da erbricht sich die Patientin, die rote Flüssigkeit landet auf seiner grauen Schürze. Der Mann im gelben Schutzanzug bleibt sofort stehen. Er darf sich jetzt keinen Zentimeter mehr bewegen.
Eine brenzlige Situation - wenn es ein Ernstfall wäre. Doch das Erbrochene ist nur Ketchup, und die Szene spielt sich nicht in Sierra Leone ab, sondern in Würzburg. Zumindest noch. Denn hier findet eine Ebola-Schulung für freiwillige Ebola-Helfer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) statt. Die 15 Teilnehmer sollen bald nach Westafrika.
Das DRK reagiert auf die katastrophale Situation in Westafrika. Die Behandlungsstation in Sierra Leone soll vergrößert werden. In Monrovia, der Hauptstadt Liberias, will man in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr ein Krankenhaus betreiben. Seit dem 25. September suchen DRK, Bundesgesundheitsministerium und Bundesärztekammer Helfer. Besonders gefragt sind Menschen mit einer medizinischen Ausbildung. Bislang haben sich nicht genügend Freiwillige gemeldet.
Arbeit in den Ebola-Behandlungszentren ist anstrengendDie Arbeit in den Ebola-Behandlungszentren ist anstrengend und verlangt höchste Konzentration. Es gibt feste Abläufe, die trainiert und zur Routine werden müssen. Aber auch auf die Bedingungen im Land müssen die Helfer vorbereitet sein - deshalb erhalten sie praktischen und theoretischen Unterricht. Für das praktische Training hat das Missionsärztliche Institut Würzburg, der Veranstalter der Schulung, in einer Halle der staatlichen Feuerwehrschule Würzburg eine Behandlungsstation aufgebaut. Plastikplanen trennen die Zonen. In der Low Risk Zone ziehen die Helfer Gummistiefel an. In einer echten Behandlungsstation würden sie außerdem auch OP-Kleidung anziehen. Dann geht es zum Dressing Room. Hier wird die Schutzmontur angelegt. In der High Risk Zone werden die Patienten behandelt. Wer wieder hinaus möchte, muss zum Undressing.
Auf den Betten im Übungs-Behandlungszentrum liegen eine Schauspielerin und zwei Puppen. Rot-weiße Absperrbänder symbolisieren die Sicherheitsschleusen. Das Material aber ist echt, die Schutzanzüge, die Brillen.
In der High Risk Zone darf man niemals allein arbeiten, auch im Training. Die Helfer arbeiten nach dem Buddy-Prinzip, sie überprüfen sich gegenseitig. Wenn etwas passiert, greifen sie sofort ein. Als eine Frau ihrem Buddy Tücher geben will, damit er seine Schürze von dem Ketchup-Erbrochenen säubern kann, ruft plötzlich jemand: „Stopp! Erst dekontaminieren!"
Es ist Norbert Gresser vom Missionsärztlichen Institut, Fachmann für den Umgang mit persönlicher Schutzausrüstung. Er hat Erfahrung mit Infektionskrankheiten, war für die WHO zum Beispiel auch bei Sars unterwegs. Heute überwacht er die Arbeit der Freiwilligen.
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