"Kann man den essen?", fragt ein Sammler und deutet auf den großen, schwefelgelben Baumpilz, den er zur Pilzberatung mitgebracht hat. Im Botanischen Garten in Berlin sind Pilzfreundinnen, Naturkundler und Laien zusammengekommen, um sich von Hansjörg Beyer beraten zu lassen. Das Urteil des Pilzsachverständigen des Landes Berlin lautet: "Essbar, roh giftig." Bei dem gelben Pilz handelt es sich um einen Schwefelporling - wegen seines Geflügelgeschmacks auch bekannt als "Chicken of the Woods".
Allzu oft muss Beyer aus den Mitbringseln giftige herausfischen. Unter die Funde mischen sich Falsche Pfifferlinge und giftige Karbol-Champignons - manchmal ist sogar ein stark giftiger Pantherpilz dabei. Sein Verzehr kann schlimmstenfalls tödlich enden.
Bei mehr als 6.000 Großpilzarten in Deutschland kommen selbst erfahrene Sammler an ihre Grenzen. Eine ganze Reihe von Speisepilzen hat giftige oder ungenießbare Doppelgänger. Generell können Pilze außerdem stark von ihrer eigentlichen Erscheinungsform abweichen. Witterungsbedingt ist ein alter Bekannter manchmal etwa hell statt dunkel oder doppelt so hoch wie beschrieben.
Bevor es in die Pilze geht, sollten sich Sammler mit den wichtigsten Erkennungsmerkmalen vertraut machen, rät Beyer. Neben Hut- und Stielform gibt vor allem auch die Unterseite des Hutes Aufschluss über die Art des Pilzes. Ist der Hut glockig oder eiförmig? Der Stiel netzig oder flockig? Hat der Pilz Röhren, Lamellen, Leisten, Poren oder Stacheln? Eine Bestimmungsapp könne als Erinnerungsstütze dienen, sei aber nur ein Werkzeug unter mehreren, sagt Beyer. Auch Indikatoren wie Jahreszeit und Standort können bei der Bestimmung helfen.
Wann ist Pilzsaison?Fündig werden Sammlerinnen vor allem im Herbst. Von September bis November ist Hauptsaison. Die meisten Pilze mögen es feucht - und nicht zu warm. Auch Frost macht vielen Pilzen zu schaffen. Nur wenige Pilze wie Austernseitling, Judasohr und Samtfußrübling kommen mit einem strengen Winter zurecht.
Ab April findet man Schwefelporling, Mairitterling und Morcheln in heimischen Wäldern.
Kleine, alte und schützenswerte Pilze sollten allerdings immer stehen bleiben, betont Beyer. Die Bundesartenschutzverordnung regelt, welche Pilze in Deutschland gesammelt werden dürfen - und welche nicht.
Besonders geschützte Arten wie Steinpilze, Pfifferlinge und Morcheln dürfen nur in kleinen Mengen zum Eigenbedarf gesammelt werden. Komplett unter Naturschutz stehen Speisepilze wie Trüffel oder Königsröhrling.
Mein Freund, der BaumOb Laub- oder Nadelwald, Parkanlage oder Wiese - Pilze wachsen eigentlich überall. Nur Robinien seien regelrecht pilzfeindlich, sagt Beyer.
Eine gute Baumkenntnis hilft Sammlerinnen nicht nur bei der Suche nach guten Fundstellen, sondern auch bei der Bestimmung des Gefundenen. Viele Pilzgattungen leben in einer Lebensgemeinschaft mit Bäumen. Einige sind dabei auf eine bestimmte Art spezialisiert: Birkenpilz und Eichenmilchling tragen den Namen ihrer bevorzugten Baumpartner sogar im Namen.
Pilz und Baum können in einer als Mykorrhiza bezeichneten Symbiose miteinander verbunden sein. Das Pilzmyzel, die fadenförmigen Zellen des Pilzes unter der Erde, umschließt die feinen Endwurzeln seines Baumpartners und versorgt ihn so mit Mineralstoffen und Wasser. Im Ausgleich bekommt der Pilz alle für sein Wachstum benötigten organischen Stoffe. Zu den Mykorrhiza-Pilzen gehören beliebte Speisepilze wie Pfifferlinge sowie fast alle Röhrlinge.
Andere Pilzarten - wie Champignons, Morcheln und Boviste - leben auf pflanzlichen oder tierischen Rückständen und fungieren damit quasi als Müllabfuhr des Waldes. Ohne sie würde der Wald in seinen Abfallprodukten ersticken. Parasitäre Pilze wie der Schwefelporling befallen lebende Organismen - und können diese sogar zum Absterben bringen.
Diese Pilze sind leicht zu erkennenBeim Schwefelporling besteht Beyer zufolge kaum Verwechslungsgefahr mit anderen Pilzen: Die bis zu dreißig Zentimeter großen Hüte mit dem welligen Rand wachsen wie leuchtend gelbe Dachziegel an Laubbäumen. Junge Exemplare lassen sich "hervorragend braten", empfiehlt der Pilzexperte - zum Beispiel als Schnitzel. Doch sollte der Schwefelporling vor dem Braten abgebrüht werden. Roh ist nämlich auch er giftig.
Auch der fußballgroße Riesenbovist ist für unerfahrene Sammler leicht zu identifizieren. Man findet den weißen Giganten auf nährstoffreichem Boden wie Weiden und Wiesen. Hat man ein Exemplar gefunden, wartet eine ergiebige Pilzmahlzeit: Der Riesenbovist kann mehr als zehn Kilo schwer werden.