Anke Pedersen

Freie Journalistin - Wirtschaft, Hotellerie, Reise, Mobilität, Sustainability , Kempen

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Mode, Medien, MICE

Einer Stadt mit einem "Dorf" im Namen wird gemeinhin nicht viel zugetraut. Im Falle der NRW-Landeshauptstadt wäre dies jedoch ein Fehler. Denn Düsseldorf ist nicht nur das ­Zentrum einer der weltweit wirtschafts­stärksten Regionen. Dank ihrer internationalen Erreichbarkeit, ihres Hotelangebots und des guten Image als Mode-, Banken- und Kulturmetropole ist die Stadt heute Ausrichterin der meisten Nummer-eins-Messen der Welt.

Die jahrhundertealte Rivalität zwischen Köln und Düsseldorf: Sie gehört zu den innigsten auf deutschem Boden. Dabei sind es vor allem die Kölner, die die Bewohner der "verbotenen Stadt" vierzig Kilometer rheinabwärts partout nicht mögen. Über die bis ins Mittelalter zurückgehenden Ursachen sind die Historiker bis heute uneins. In der jüngeren Geschichte war es aber vor allem die Entscheidung der Engländer 1946, dieses "Dorf", das gerade mal halb so groß ist wie Köln, zur Landeshauptstadt im neu gegründeten Bundesland Nordrheinwestfalen (NRW) zu machen.

Lokalheld: das Düsseldorfer Alt

Trotz des sonstigen Konkurrenzkampfes arbeitet man seit gut drei Jahren in der Marketingkooperation "Kölndüsseldorf - The Meetropolis" Seite an Seite, einem EU-Projekt, in dem beide Städte gemeinsam um internationale Gäste aus den Bereichen MICE und Business-Travel werben. Aus Sicht der Landeshauptstadt hat man einen Vorteil gerade wegen der vergleichsweise überschaubaren Größe, den die Kölner ohnehin nie toppen können: Düsseldorf ist eine Stadt der kurzen Wege. Innerhalb der City lassen sich sämtliche Locations, vom Veranstaltungscenter über das Tagungshotel bis hin zur Event­location schnell - meist sogar fußläufig - erreichen, und selbst vom internationalen Flughafen DUS sind es nur zehn Taximinuten nach Downtown Düsseldorf. Der Frankfurter Flughafen als transkontinentales Drehkreuz ist keine anderthalb Zugstunden entfernt. Aber auch vom Düsseldorfer Hauptbahnhof - einem der am stärksten frequentierten in Deutschland - können Reisende mühelos ins benachbarte Ausland gelangen. Von der zentralen Anbindung an das dichteste Autobahnnetz in Europa ganz zu schweigen. Mit diesem Standortvorteil punktet die knapp 600.000-Einwohner-Metropole freilich nicht nur im Wettbewerb um Tagungsplaner: Düsseldorfs nationale wie internationale Anbindung und Erreichbarkeit bildet die Basis für seine enorme Wirtschaftskraft. Neben Konzernen wie Metro, Bayer und Henkel betreiben rund 5000 weitere Unternehmen ihr Deutschland- und Europageschäft von NRW aus. Tendenz steigend. Wesentlich bekannter ist die Stadt mit der weltberühmten Königsallee indes als Mode- und Kunstmetropole, als Consultant-City und zweitgrößter Banken- und Börsenplatz nach Frankfurt. Dennoch hat es erst zwei parallel laufender Entwicklungen nach der Jahrtausendwende bedurft, bis Düsseldorf tatsächlich von sich behaupten konnte, weltweit mehr internationale Leitmessen auszurichten als irgendeine andere Destination (unter anderem Medica, Drupa, ProWein, Boot, Kunststoffmesse). Zum einen die Optimierung der Erreichbarkeit: Während sich der Flughafen Köln-Bonn ab 2002 auf das Low-Bugdet-Segment konzentriert hat, arbeitet der Airport Düsseldorf bis heute konsequent am Ausbau seiner Position als drittgrößtes Flughafenkreuz in Deutschland (145 Langstreckenflüge ab 2016). Dazu beitragen sollen unter anderem die jüngsten Direktverbindungen nach Peking (seit 2011, Air China), Tokio (2014, ANA), Hongkong (2015, Cathay Pacific) und Singapur (2016, Singapore Airlines). Denn damit flankiert der Flughafen den rasch wachsenden Wirtschaftsaustausch zwischen Asien und der Metropolregion NRW.

Breit gefächertes Hotelangebot zwischen Medienhafen und Kö Zusätzlich zu seiner Erreichbarkeit baute Düsseldorf schließlich auch sein Übernachtungsangebot aus. Arm an Hotels war die Messestadt zwar nie. Seit 2003 hat sich die Zahl der Hotelbetten in Düsseldorf jedoch mehr als verdoppelt (Stand 2015: 232 Hotels). Los ging's mit der Wiederbelebung der Kö, wo das neue InterContinental Düsseldorf ab 2005 die verwaiste Position des Platzhirschen beanspruchte. Doch seine Alleinstellung währte nicht lange: im Mai 2008 kam das berühmte Grandhotel Breidenbacher Hof zurück an seinen angestammten Platz. Der dritte im Bunde, das Steigenberger Parkhotel Düsseldorf am entgegensetzten Ende der Königsallee, hat sich nach umfangreichen Renovierungs- und Umbauarbeiten im Jahr 2014 in altem Glanz zurück an der Front gemeldet.

Auf die Kö folgte ein Hotelboom im noch jungen Medien­hafen. Den Grundstein dafür legte die Rezidor-Gruppe 2006 mit Eröffnung des Radisson Blu Media Harbour Hotels, dem ersten Düsseldorfer Designhotel explizit für die Kreativ­szene. Kurz darauf zog Marriott mit einem Courtyard by Marriott nach, und Ende 2011 öffnete dann das imposante Hyatt ­Regency Düsseldorf direkt an der Hafenspitze mit weiteren 303 Designzimmern. Der derzeit letzte Neuzugang ist das Inn­side Hotel Düsseldorf Hafen 2013. Und was für einer. Denn nicht nur hat die Gruppe das Colorium-­Gebäude für sich erobern können, einen kunterbunten Hingucker aus der Werkstadt des britischen Stararchitekten William Allen Alsop. Veredelt hat Innside das Wahrzeichen direkt am Hafenbecken mit Eröffnung der Skybar - der Name ist Programm - "The View" im 17. Stock des Gebäudes.

NRW-Machtzentrale: das Stadttor

Abgeschlossen ist die Welle der Eröffnungen damit noch lange nicht. Erst im Frühjahr 2015 haben die Derag Livinghotels ihr neuestes Flaggschiff De Medici an den Start geschickt: eine 170 Zimmer und Serviced Apartments umfassende Hommage an die großen Kunstschätze Europas im Herzen der Kunststadt. Und für Sommer 2016 haben die Lindner Hotels die Eröffnung ihres ersten "me and all ­hotels" an der bahnhofnahen Immermannstraße angekündigt, einer neuen Marke für junge Geschäftsreisende ab dreißig.

"We custoMICE your meeting" Als Nummer-eins-Kriterium für eine Standortentscheidung nennen Planer weltweit stets die Erreichbarkeit einer Destination, gefolgt von entsprechenden Hotelkapazitäten und - Numero drei - ihrem Image. Entsprechend haben sich die Düsseldorfer auch in diesem Punkt etwas einfallen lassen, um gegenüber der eher handfest-urig tickenden Schwester zu punkten. Als Erfolgsrezept entpuppte sich hierbei, das ohnehin anhängende Klischee der Schickimicki-Metropole weiterzudrehen - und sich im allerbesten Sinne zu positionieren als hippe Heimat für alle(s) Kreative.

Das beginnt beim großen Dichter Heinrich Heine und ebenso berühmten wie umstrittenen Malern wie Beuys, Lüpertz, Immendorf, Günter Uecker und Gerhard Richter und geht über namhafte Kulturinstitute wie das Museum Kunstpalast und die Kunsthalle Düsseldorf bis hin zur modernen Kreativ­szene aus Werbung, Mode und Medien. Besonders deutlich wird die Kreativstrategie an der Vielzahl der Events und Superlative, die die Stadt ersonnen hat, um Besucher zu locken: zum Feiern lädt sie wahlweise zur "größten Kirmes am Rhein", an "die längste Theke der Welt" bestehend aus 260 Altstadtkneipen oder zum größten japanischen Kulturbegegnungsfest der Welt, dem Japan-Tag, mit dem größten japanischen Feuerwerk außerhalb Japans. Besonders interessant für Tagungs- und Kongressplaner dürfte dieser Superlativ sein: Das nahe beieinander liegende Gebäudeagglomerat aus Esprit-Arena, CCD Congress Center und den Hallen der Messe Düsseldorf haben die Verantwortlichen kurzerhand zum "weltgrößten Eventcenter" erklärt. Dahinter steht das Versprechen: "Ob Wissenschaftskongress oder Hauptversammlung, Galaabend oder Firmenseminar: Getreu unserem Slogan ›We custoMICE‹ your meeting' bieten wir für jeden Anlass die passende Location."

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