Anja Mylius

Freie Journalistin, Redakteurin und Texterin, Timmendorfer Strand

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Interview

PINNWAND / Hamburger Abendblatt: Stefan Gwildis im Gespräch

Deutschsprachiger Soul mit Urgewalt auf der Bühne präsentiert – Stefan Gwildis (53) ist wieder auf Tour und spielt neben seinen „Evergreens“ jede Menge selbst komponierter Songs aus seinem neuen Album „Frei händig“. Am 11. August tritt er im Hamburger Stadtpark auf. Mit der Pinnwand klönte der Barmbeker Jung’ über Erfolg, TV-Shows und spannende Aussichten.

Angefangen hast du mit Straßenmusik. Bist auf Stadtfesten aufgetreten, hast deine CDs vor dem Konzert aus dem Kofferraum deines VW verkauft. Heute bist du einer der erfolgreichsten deutschen Soulmusiker und füllst große Hallen. Was bedeutet das für dich?
Das Ganze war ja ein Wachstumsprozess. Meine Entwicklung ist immer weiter gegangen. Der Erfolg ist ja nicht plötzlich über mich hereingebrochen. Keinen einzigen Moment möchte ich missen. Und auch heute sage ich: Ich spiele genauso gern vor ein paar Leuten auf der Straße wie in einem Stadion mit 70.000 Zuschauern. Live vor Publikum, das ist für mich Genuss, die Krönung!
Bei deinen Auftritten gibst du alles. Unvergleichlich, wie du mit deinem Publikum verschmilzt. Woher nimmst du die Kraft für solche Auftritte?
Das Tolle: Meine Arbeit besteht ja darin, dass ich den Dialog zwischen Musik und Publikum aufbaue. Diese Schwingungen sind ungeheuer vitalisierend. Ein gutes Konzert ist für mich wie eine Shiatsu-Massage. Man versteht, die entsprechenden Punkte zu drücken und so enorm viel Energie und Kraft zu ziehen.
Du warst in Shows wie „Verstehen Sie Spaß?“, dem ZDF- Fernsehgarten oder bei Carmen Nebel zu sehen. Kamst du dir da nicht etwas deplaziert vor?
Na ja, am Anfang hab’ ich manchmal schon gezuckt was da so ablief. Aber ich war auch beeindruckt, wie viele nette Kollegen da rumlaufen. Zum Beispiel Andy Borg, der ist ein echt aufgeräumter Typ, und den Dieter Thomas Heck finde ich prima, weil er sich immer für deutschsprachige Musik stark gemacht hat. Jetzt bringen mir und meiner Band solche Sachen richtig Spaß.
Wann sehen wir dich demnächst wieder auf dem Bildschirm?
Bald steht wieder ein Fernsehgarten an. Und das Wunderbare: Endlich wird live gespielt. Das mit dem Playback früher war nicht mein Ding.
Man hat manchmal das Gefühl, dass dich andere Musiker kopieren wollen. Ärgert dich das?
Nein, das empfinde ich gar nicht. Es freut mich ungemein, dass die Akzeptanz deutscher Musik so groß ist und es ist spannend zu beobachten, was es im Soulbereich so alles gibt.
Welche Projekte stehen in Zukunft bei dir an?
Momentan stecke ich gerade mit Freunden wie Rolf Claussen und Joja Wendt die Köpfe zusammen, um mal wieder ein neues Theaterstück zu erfinden. Wir lachen immer Tränen. Außerdem habe ich gerade 15 neue Songs mit der NDR-Bigband aufgenommen. Das wollen wir dann nächstes Jahr beim Elbjazz-Festival vorstellen. Und dann ist da ja auch noch meine Tour durch Deutschland.
Du engagierst dich für den „Weißen Ring“. Wie kam es dazu?
Als Familienvater sieht man, welche Defizite in der Gesellschaft herrschen. Da muss man dazu beitragen, Gewalt vorzubeugen. Für mich gibt es drei Säulen bei der Entwicklung von jungen Menschen: Gute Ernährung, Sport und musikalische Begleitung. Bei mir steht die Gesamtschule Hamm im Fokus. Dort wird mit Musik enorm viel für die Schüler getan. Ich bin Netzwerker, helfe Sponsoren zu finden und musikalische Impulse zu geben.
In deinen Konzerten erwähnst du oft Tornesch. Was hat es damit auf sich?
(lacht). Das Wort „Tornesch“ kann man hundertmal hintereinander sagen, das hat so einen bestimmten Klang. Ja, es ist wie ein Mantra. Mein Tipp an alle Leser: Versucht das auch mal, das ist enorm entspannend.

Anja Mylius