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Telekom nimmt 1&1-Kundin vom Netz

Die Rathaus Apotheke hat seit Dienstag keinen Telefon- und Internetanschluss. Die Chefin Sarah Doll hat eine Rufumleitung auf ihr Handy installiert. © Bernd Paulitschke

Die Rathaus-Apotheke hat seit Dienstag keinen Telefonanschluss mehr. Die Telekom hat die 1&1-Kundin bei Anschlussarbeiten für einen anderen Hausbewohner vom Netz genommen. Aber ohne Kundennummer wird‘s jetzt schwer.


Dienstagabend. Nach der regulären Öffnungszeit bereitet sich Sarah Doll auf eine Nachtschicht vor. Sie muss den Apotheken-Notdienst für diese Nacht schmeißen. Plötzlich bricht Panik in der Apotheke aus, denn weder das Telefon, noch das Internet oder das Fax funktionieren. „Wir müssen nachts ständig zu erreichen sein, und im Notfall müssen wir ja auch selbst Medikamente bestellen können", erzählt Sarah Doll. Sie ist Betreiberin der Rathaus-Apotheke.

Der Grund für den Ausfall: Die Telekom hat einen Anschluss für einen anderen Bewohner im Haus gelegt und ein Techniker arbeitete dafür am Leitungskasten im Keller des Hauses. Seitdem funktioniert das Telefon weder bei dem Nachbarn noch bei ihr. Das Verrückte: Die Rathaus-Apotheke ist gar kein Kunde der Telekom, sondern von 1&1. Und genau weil Sarah Doll keine Telekomkundin ist, konnte ihr bei der Telekom keiner weiterhelfen. Sie sei ja schließlich nicht in der Datenbank und hat keine Kundennummer. „Bei der Telekom kommt man so, ohne Kundennummer, nicht mal bis zu einem menschlichen Sachbearbeiter durch" , sagt Sarah Doll.

Bei ihrem Netzanbieter 1&1 kann man zumindest die Nummer auf ihr privates Handy umleiten. Der Super-GAU ist damit vorerst verhindert. Die Mitarbeiter von 1&1 wenden sich an die Telekom, die am darauffolgenden Tag einen Techniker schicken möchte.

Entstörungsauftrag

„Nach der Nachtschicht musste ich dann von 13 bis 17 Uhr in der Apotheke warten." Aber niemand von der Telekom kam. Nach einem erneuten Anruf sollte sich am Donnerstag ein Techniker der Störung annehmen.

Doch auch diesmal hat Sarah Doll umsonst gewartet. Der Techniker kam nicht im vereinbarten Zeitraum von 13 bis 17 Uhr. Da auch am Freitag kein Techniker zum vereinbarten Termin erschienen ist, muss die Rathaus-Apotheke das ganze Wochenende mit der provisorischen Lösung leben. Ein erneuter Termin ist erst für den Montag angesetzt. 1&1 hat einen „Entstörungsauftrag mit höherer Dringlichkeit" gestellt.

Ohne Internet und Telefonanschluss ist der Betrieb stark eingeschränkt. EC-Kartenzahlungen sind nicht möglich, und mit nur einer Leitung sei der Andrang an Telefonanfragen und Bestellungen kaum machbar, erzählt Sarah Doll: „Die Mitarbeiter nutzen zurzeit ihre privaten Smartphones für Bestellungen und Rückrufe." Für den Internet- und Telefondienstanbieter 1&1 ist der Fall klar: „1&1 mietet die Leitung von Frau Doll von der Telekom an." Das sei in der Branche ganz normal. Unter Telekommunikationsanbietern heißt das „unter Vorleistung gehen". 1&1 könne nichts anderes machen, als einen Serviceauftrag an die Telekom zu stellen.

Kein eigenes Telefon mehr

Seit Dienstagabend nun werden alle ankommenden Anrufe für die Apotheke an das Privattelefon von Sarah Doll umgeleitet. Und seitdem kann sie ihr Privattelefon auch nicht mehr benutzen, da es ständig in der Apotheke für Kundenanfragen liegen muss. „Ich fühle mich hilflos und alleingelassen", sagt Doll, „Auch weil man ja ständig wen anders am Telefon hat und immer wieder von vorne erklären muss, was überhaupt los ist".

Auf mehrfache Anfragen der Ruhr Nachrichten konnte die Telekom lediglich bestätigen, dass in der Rathausstraße 20 eine Störung vorliegt. Um welche Art von Störung es sich handelt, wie sie zustande gekommen ist und wielange sie noch dauern wird, hat die Telekom nicht verraten. Sarah Doll kann derweil nichts weiter tun, als auf die „Entstörung" zu warten. „Am Montag sollen wir wieder mehrere Stunden in der Apotheke bereitstehen. Hoffentlich kommt dann endlich tatsächlich jemand". Die Rathausapotheke hat wie viele Schwerter ihren Telefonanschluss einst von den Stadtwerken bezogen. Deren Kunden gingen über Versatel jüngst zu 1&1.

Von Andreas Schneider


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