Die ugandische Unternehmerin Prudence Ukkonika ermutigt ihre Kolleginnen in der Agrarindustrie Karriere zu machen.
Auf den Märkten Ugandas werden tagtäglich Schubkarren voller Obstreste weggeworfen. Regelmäßig versinken die Füße der Käufer im Matsch. Diese massenhafte Verschwendung brachte die ugandische Unternehmerin Prudence Ukkonika auf die Idee, aus den überflüssigen Früchten Bioweine und -säfte herzustellen. "Jeden Morgen bin ich über den Markt zur Arbeit gegangen. Es tat weh zu sehen, dass so viele Früchte wie Ananas, Mangos oder Passionsfrüchte auf dem Müll landen," sagt die einstige Beamtin während sie einen Karton ihres „Bella Wine" auf einen LKW lädt.
Die Büroräume ihres Unternehmens namens K-Roma befinden sich in Wandegeya, einem großen Geschäftszentrum in Kampala, das auch für sein pulsierendes Nachtleben bekannt ist. K-Roma stellt Verpackungen her und vertreibt Weine und Säfte in ganz Ostafrika. Ukkonika sitzt an der Spitze eines Unternehmens, dessen Wert mittlerweile auf über 350.000 US-Dollar geschätzt wird. Ihr Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit, denn weltweit gibt es nur sehr wenige Winzerinnen - und noch weniger in Afrika.
Ukkonika arbeitet heute hauptsächlich mit ugandischen Landwirtinnen zusammen. Sie sind für den Anbau der Früchte verantwortlich, die später den Rohstoff für ihre Produkte bilden. „In der Zeit, in der wir aufgewachsen sind, hieß es noch, dass Frauen einfach darauf warten sollen, bis die Ehemänner die wirtschaftliche Verantwortung übernehmen. Die Frauenrechtsbewegung hat nun jedoch alles verändert. Wir dürfen nicht immer nur von der Emanzipationsbewegung reden. Wir müssen den Worten auch Taten folgen lassen und uns aktiv dafür einsetzen, dass Frauen gestärkt werden."
Kulturelle und religiöse Faktoren, aber auch die schlechte Agrarpolitik des Landes haben weiblichen Unternehmerinnen in diesem Wirtschaftszweig oft große Steine in den Weg gelegt. Ukkonika ist entschlossen, diese Stereotypen zu durchbrechen und zu zeigen, dass Frauen die landwirtschaftliche Fülle ihres Landes wirtschaftlich zu nutzen wissen. „Die jungen Leute verlassen unser Land. Dabei können sie so viel Geld in Afrika verdienen. Wir haben genug Land, gutes Wetter, einfach alles, was wir brauchen", sagt Ukkonika.
Egal, ob sie Land für den Eigenbedarf bewirtschaften oder Geld damit verdienen - Frauen in Sub-Sahara Afrika machen laut der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) bis zu 80 Prozent der Arbeitskräfte im Agrarsektor aus. Doch aufgrund traditioneller Umstände sind sie noch immer nicht im Besitz des Landes, das sie bewirtschaften. Meist haben sie auch kein Mitspracherecht bei der Vermarktung oder Weiterverarbeitung ihrer eigenen Ernte.
Die landwirtschaftliche Produktivität in Afrika liegt deutlich unter dem globalen Durchschnitt. Dem Fortschrittsbericht für Afrika 2014 zufolge gibt der Kontinent zudem etwa 35 Milliarden US-Dollar für Nahrungsmittelimporte aus (Fisch ausgenommen). Das hat seine Gründe zum Teil in veralteten Anbaumethoden, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. So entsteht ein Armutskreislauf, von dem Frauen am schwersten betroffen sind.
Diesem Trend setzt sich auch die Tierärztin Emma Naluyima entgegen. Ihre Haupteinnahmequelle ist ein landwirtschaftlicher Betrieb von einem halben Hektar Fläche. Durch verbesserte Technologien konnte sie ihre Erträge deutlich steigern. Ihrer Ansicht nach liegt der Grund für den schwachen afrikanischen Agrarsektor in der allgemeinen Unwissenheit darüber, wie patriarchalische Strukturen die Entwicklung behindern: „Alles gehört den Ehemännern. Wie sollen Frauen motiviert werden, wenn sie den Nutzen ihrer Arbeit nicht erkennen?"
Ukkonika sieht ihr Vorbild im Unternehmertum ihrer Eltern: Entgegen der britischen Kolonialgesetze hatten sie in den 50er und 60er Jahren aus Mais und Sorghum Bier hergestellt und dieses vor Ort verkauft. „Meine Eltern haben sich damals dafür entschieden ein lokales Bier zu brauen und es zu verkaufen, anstatt einen Großteil davon den Nachbarn zu schenken."
Ukkonika beklagt, dass die afrikanischen Bauern noch immer nicht begriffen haben, dass die Landwirtschaft eine gute Einnahmequelle ist: „So ist die Tradition. Man baut Mais an und verschenkt ihn an Nachbarn, der Rest verdirbt. Wir müssen Wege finden, wie wir unsere Produkte aufwerten und konservieren können. Wir müssen den jungen Leuten beibringen, dass sie durch Landwirtschaft reich werden können."
Wie viele Männer im ländlichen Uganda hatte auch Ukkonikas Vater mehrere Frauen. Dadurch war ihre Mutter gezwungen eine Möglichkeit zu finden, Geld zu verdienen. „Es war ein Konkurrenzkampf, bei dem es ums Überleben ging und der eine hohe Belastbarkeit erforderte", erzählt sie. „Sie musste kilometerweit fahren, um das Bier in ihrem eigenen Dorf zu verkaufen", erklärt sie und fügt hinzu, dass eine Scheidung für ihre traditionsbewusste Mutter nie eine Option gewesen wäre.
Ukkonika will andere Frauen, egal in welcher Situation sie sich befinden, darin bestärken, dass sie erfolgreiche Unternehmerinnen im Agrarsektor sein können. Um einen grundlegenden Bewusstseinswandel zu fördern, reist Ukkonika regelmäßig durch ganz Ostafrika und spricht zu weiblichen Unternehmerinnen.
Naluyima hingegen verwendet die Einnahmen aus ihrem Hof für den Bau einer Grundschule, an der den Schülern von klein auf beigebracht werden soll, wie man moderne Landwirtschaft betreibt. „Noch wichtiger, als ihnen beizubringen wie man Geld verdient, ist ihnen beizubringen, dass nur durch Landwirtschaft Essen auf den Tisch kommt. Und was Menschen in aller Welt zuallererst brauchen ist Nahrung." Ukkonika und Naluyima werden für ihre Bemühungen als vorbildhafte Unternehmerinnen in der Agrarindustrie anerkannt. Das bestätigen auch internationale und regionale Auszeichnungen.
Shifa Mwesigye von der ugandischen Nichtregierungsorganisation Global Rights Alert setzt sich für die Eigentumsrechte von Frauen ein. Sie ist der Meinung, dass noch immer viel getan werden muss, bis Frauen die Kontrolle über die Ressourcen übernehmen und unabhängig von ihren männlichen Verwandten Landwirtschaft betreiben können. „Die meisten Frauen verlassen sich beim Thema Landbesitz auf ihre Brüder und Väter. Viele von ihnen leben in nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Daher erkennen die Gesetze sie hierzulande nicht als Ehegattinnen mit Güterrechten an. Wenn sie ihr Zuhause verlassen, verlieren sie alles, wofür sie je gearbeitet haben."
Erfolgsgeschichten, wie die von Ukkonika und Naluyima, werden der Rechtsexpertin zufolge die Ausnahme bleiben, solange Frauen nicht beginnen, wichtige Ressourcen wie Land und Boden ihr Eigentum zu nennen.
Text: Patience Akumu
Erstveröffentlichung: Breaking stereotypes in Ugandan agriculture
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