Die Acholi-Region im Norden Ugandas hat sich von einem Konfliktherd zu einer lukrativen Drehscheibe der Landwirtschaft gewandelt. Die Investitionsbereitschaft ausländischer Geldgeber wächst. Doch wird auch die Bevölkerung vom Aufschwung profitieren?
Zwei Jahrzehnte später hat sich das Blatt gewendet. Dieselbe Gegend hat sich in eine Drehscheibe der Landwirtschaft verwandelt. Auch an Johannes' Leben ging das nicht spurlos vorbei: Statt Entwicklungshelfer ist er heute erfolgreicher Farmer. Als Chef von AFGRI, einem südafrikanischen Agrarunternehmen, produziert er gemeinsam mit einheimischen Farmern Getreide - und zwar genug, um in 15 Länder zu exportieren.
Doch das war nicht immer so. Dem Erfolg gingen lange Jahre des Misserfolgs voraus. Johannes musste erst lernen, wie wichtig es ist, die Leute vor Ort zu verstehen. „Ausländische Investoren gehen oft davon aus, dass sie sich genauso wie in Deutschland oder Dänemark verhalten können. Ihr Auftreten ist arrogant - europäisch eben." Ein Riesenfehler, da ist er sich sicher. Denn die Gegend habe riesiges Potential. „Alleine die Acholi-Region könnte ganz Uganda, die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan ernähren. Und zudem hat die Landwirtschaft das Potential, die Armut der Menschen zu beenden."
Lebensmittel für die ganze WeltEin Blick in den jährlich erscheinenden Africa Progress Report fördert eine erstaunliche Zahl zu Tage: 60 % der landwirtschaftlich nutzbaren, aber noch unkultivierten Flächen der Welt liegen in Afrika. Der Kontinent hätte das Potential zum weltweiten Nahrungsmittelversorger Nummer eins aufzusteigen. Theoretisch betrachtet könnte Afrika sogar den gesamten Lebensmittelbedarf der globalen Bevölkerung decken, die bis 2050 auf neun Milliarden ansteigen soll.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Zwar erhält die Landwirtschaft in Afrika mehr und mehr Aufmerksamkeit - doch eben bei weitem nicht genug, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) feststellt. Es bedürfe einer massiven Steigerung an Investitionen, konstatierte sie vor Kurzem. Doch bislang flossen nur 5 % aller ausländischen Direktinvestitionen in die afrikanische Landwirtschaft. Im Klartext bedeutet das: Landwirtschaft wird nach wie vor hauptsächlich von Einheimischen betrieben.
Potentiellen Investoren könnte ein noch recht junges Phänomen entgegenkommen: das „Agripreneurship". Dabei handelt es sich um kleinere, landwirtschaftlich orientierte Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen. Auch die Regierungen haben diesen Trend erkannt. Sie wollen die wachsende junge Bevölkerung des Kontinents und das Potential der Landwirtschaft noch stärker zusammen zu bringen.
Ausländische Landwirte wie Johannes aus Dänemark tragen dabei durchaus zu einem Imagewandel bei. „Die Leute hören diese Erfolgsgeschichten und lassen sich von ihnen inspirieren. Sie denken, wenn schon ein Muzungu (ein Weißer, Anmerk. der Red.) Landwirtschaft betreibt, dann muss es ja Geld einbringen," sagt Otto Labejja, der einen kleinen Agrarbetrieb leitet und außerdem das Ressort Landwirtschaft bei der ugandischen Zeitung New Vision betreut.
Auch Rony Oved sieht das ähnlich. Er ist Geschäftsführer der Firma Agromax, die einheimische und ausländische Investoren berät. Doch mahnt er auch zur Skepsis. Denn vor allem im Bereich der Infrastruktur gebe es noch viel Verbesserungsbedarf. „Man muss vollkommen von seinem Projekt überzeugt sein. Man muss selber für die Wasser- und Stromversorgung sorgen und Zufahrtsstraßen bauen. All diese Dinge sollten bedacht werden, bevor man ein Agrarprojekt startet," sagt er.
Wer profitiert wirklich?Die Weltbank unterstützt die Annahme, dass ausländische Direktinvestitionen gut seien für ein gesundes Maß an Wettbewerb im Agrarsektor. Doch die Kapitalanlagen werden auch kritisch betrachtet. Landgrabbing, dubiose Vertragsabschlüsse oder die Missachtung von Arbeitsrechten sind nur einige Vergehen, die Investoren in diesem Zusammenhang vorgeworfen werden. Auch die Landwirtschaftsorganisation FAO mahnt an, dass ein Großteil der auf ausländische Investitionen zurückgehenden Nahrungsmittel exportiert werde, statt der Bevölkerung Afrikas zugute zukommen. Auf diese Weise werde die Benachteiligung einheimischer Landwirte in Afrika anhalten, so die Organisation weiter.
Landwirt Kim Johannes ist sich indes sicher: An Partnerschaften gehe nichts vorbei. „Für ein erfolgreiches Miteinander brauchen die Leute vor Ort die Gewissheit, dass sie von einem ausländischen Engagement profitieren werden", sagt er. „Die Leute wollen zu erst einmal wissen, ob du ein guter Nachbar bist. Wirst du zwar einen Brunnen bohren, sie aber dann davon abhalten daraus Wasser zu holen?" In seinen eigenen Augen ist Kim Johannes freilich solch ein guter Nachbar.
Während Investoren weltweit das große Potential der afrikanischen Landwirtschaft beäugen, stellt sich die zentrale Frage: Wer wird von einem Engagement wirklich profitieren? Wer fährt am Ende die Ernte ein?
Text: Patience Akumu
Erstveröffentlichung: Who gets to eat?
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