Andrea Corinna Schöne

freie Journalistin, Speakerin, Moderatorin, Autorin, Ingolstadt

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Artikel

Zwei Jahre Papst Franziskus - Das ist dem Papst wichtig

Papst Franziskus ist unkonventionell. Das zeigte sich schon am ersten Tag. Wie kein Papst zuvor wählte er den Namen Franziskus. Der erste Papst aus Südamerika kennt die Slums und Gewalt in den Elendsvierteln schon aus seinem Wirken als Erzbischof von Buenos Aires, wo er Hilfsprojekte ins Leben rief und Armut und Korruption stark verurteilte. Wie Franziskus die Strukturen der Kirche verändert und ganz neue Akzente setzt - analysiert unsere Autorin Andrea Schöne.


Lebhafte Ausdrucksweise - sanfte Fragen

Auf der Rückreise von seinem Philippinen-Besuch im Januar gab Papst Franziskus wieder einmal eine Pressekonferenz im Flugzeug. Sein Spruch über das Thema Fortpflanzung ging um die Welt: „Manche glauben, um gute Katholiken zu sein, müsse man, entschuldigt das Wort, sein wie Kaninchen. Nein!" Jede Zeitung zitierte die Kaninchen-Äußerung in witziger Weise, nur die Kaninchenzüchter fanden das nicht lustig. Die Wahrnehmung des Papsttums hat sich laut Pater Bernd Hagenkord, dem Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, enorm geändert. Die Fragen an den Papst sind sanft, über Franziskus schreibt man nichts Kritisches. Bis Papst Franziskus Anfang Februar bei einer Generalaudienz davon sprach, dass das würdevolle Schlagen von Kindern in Ordnung sei. Diese Bemerkung geht auf eine Anekdote zurück, als bei einem Treffen mit Ehepaaren ein Vater meinte, dass er seine Kinder manchmal ein bisschen schlagen muss, aber nie ins Gesicht, um es nicht zu demütigen. Hierbei sei nebenbei erwähnt, wie viel Beachtung Franziskus Kindern in der Öffentlichkeit zeigt und wie würdevoll er mit ihnen umgeht.


Kirche für die Armen

Papst Franziskus orientiert sein Wirken voll und ganz an den Zielen seines Namenspatrons. Franz von Assisi ist der Schutzpatron der Armen, Blinden, Lahmen, Strafgefangenen, Sozialarbeiter und Schiffbrüchigen. Und er dient als Vermittler zwischen den Religionen. Wie Franz von Assisi sorgt Franziskus immer wieder für Überraschungen. Im Februar diesen Jahres ernannte der Papst 20 neue Kardinäle. Erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche wurden Erzbischöfe in Myanmar, Panama, den Kapverdischen Inseln, Mosambik, Neuseeland und Tonga in den Kardinalsstand erhoben. Franziskus erwählt insbesondere Bischöfe vom Rande der Welt, um ihnen eine Stimme zu geben. Auch bei seinen Reisen zeigt er sein Interesse an den Menschen, deren Stimme meist nicht gehört wird. Im Juli 2013 stattete Franziskus der Flüchtlingsinsel Lampedusa in Italien einen Besuch ab und forderte zu mehr Solidarität mit den Flüchtlingen auf. Im Mail 2014 reiste der Papst nach Jordanien, Palästina und Israel und hat Mahmud Abbas, den Präsidenten des Staates Palästina, und Schimon Peres, den damaligen Staatspräsidenten von Israel, zum Friedensgebet in den Vatikan eingeladen. Er bereiste Südkorea und gedachte deren Märtyrer. Laut dem Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan will der Papst auch in den Irak reisen. Das würde niemanden überraschen. Franziskus kommt vom Ende der Welt, er handelt ganz nach nicht marxistischen Lesart der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, die als „Stimme der Armen" die Befreiung von Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrückung zum Ziel hat. Die Bibel wird als Impuls für umfassende Gesellschaftskritik betrachtet.


Neue Wege gehen

Um die „Kirche für die Armen" zu ermöglichen, plant Franziskus einige Reformen, welche zutiefst geistlich geprägt sind. Der Papst schreckt dabei auch nicht zurück, die Kurie seiner Kirche zu kritisieren. Hierbei kritisiert er die Prahlerei, den Eitel, Selbstverliebtheit, Rivalitätskämpfe und noch vieles mehr. Es ist der Anstoß für mentale Veränderungen. Würdenträger müssen sich weiterentwickeln, sie dürfen sich nicht „unsterblich, immun oder unersetzbar" fühlen. Nur durch Selbstkritik kann man sich nicht weiterentwickeln und verbessern. Eine Kirche der Armen kann ihren Dienst nur erfüllen, wenn sie die Welt mit den Augen der Armen ansieht. Wie beispielsweise die Flüchtlinge auf Lampedusa. Mit „spirituellem Alzheimer", so Papst Franziskus, ist das nicht möglich. Würdenträger der Kirche dürfen sich nicht ihren Leidenschaften hingeben und Götzen in Form von Geld, Ansehen oder dergleichen verehren. Das Teilen mit den Armen hat hierbei nichts mit Kommunismus zu tun, denn die Option für die Armen ist tief in der Lehre der Kirche, dem Evangelium, verankert. Schon Jesus hat sich stets den Armen zugewandt, aber ebenso den Reichen, die zwar äußerlich reich, aber innerlich arm, leer, ausgebrannt waren. Reformen sieht Franziskus als einen Prozess an, er legt kein Ziel fest. Für ihn hat der Mensch keine Kontrolle über den Prozess der Veränderung, dies obliegt ganz dem Heiligen Geist. Damit überfordert er viele im Vatikan, auch Journalisten.


Papst Franziskus und sein Vorgänger

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat sich inzwischen von seinen gesundheitlichen Problemen erholt. Beide pflegen von Anfang an ein sehr entspanntes Verhältnis und schätzen sich gegenseitig sehr. Anfangs versuchte man den emeritierten Papst gegen Franziskus auszuspielen. Nach Aussagen der Leiters der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan wollte auch Papst Benedikt XVI. die Kirche verändern, hat sich jedoch nicht getraut. Der Gedanke der Veränderung ist auch bei den meisten Bischöfen angekommen. Pater Hagenkord berichtet, wie Papst Franziskus dieses Jahr an Ostern Frauen, Nicht-Christen und Gefängnisinsassen die Füße gewaschen hat. Ein Bischof hat sich nicht daran beteiligt - er meinte: „Ich bin noch nicht so weit." Wir können sehr gespannt darauf sein, welche Veränderung Papst Franziskus in der nächsten Zeit vorantreiben wird.

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