Andrea Martini

Freie Redakteurin, Hamburg / Lübeck

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Musenhof in der Kurpfalz

Nicht zu übersehen: das kurpfälzische Wappen. Es prangt am Mittelrisalit des Corps de Logis und zeugt von der einstigen Regentschaft der pfälzischen Kurfürsten.

Laut einer Umfrage der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) liegen in der Metropolregion Rhein-Neckar gleich vier Attraktionen, die zu den Top-100-Sehenswürdigkeiten in Deutschland zählen: das Schloss Heidelberg nebst Altstadt, das Mannheimer Residenzschloss, der Dom zu Speyer und das Hambacher Schloss. Das Mercedes-Benz Kundenmagazin stellt die vier historischen Highlights in einer Serie, im zweiten Teil das Barockschloss Mannheim, das auf Platz 7 rangiert.

Wer das Mannheimer Schloss besucht, ist zuallererst von seiner immensen Größe beeindruckt. Kein Wunder, schließlich zählt die Anlage mit ihrem weiten Ehrenhof, einer umbauten Fläche von sechs Hektar und einer Schaufassade von 440 Meter Länge zu den größten Schlössern Europas. Und nicht nur das: Die ehemalige Kurfürstenresidenz in Mannheim ist das zweitgrößte Barockschloss des Kontinents nach dem Schloss Versailles - und besitzt genau ein Fenster mehr als der französische Prunkbau. Dies war seinerzeit die Absicht der Bauherren, sollte damit doch die bedeutende Stellung der Kurfürsten am Rhein repräsentiert werden.

Residenz mit kulturellem Engagement

Zwischen 1720 und 1760 unter der Regentschaft der Kurfürsten Carl Philipp und Carl Theodor erbaut, diente das Barockschloss Mannheim den Kurfürsten der Pfalz bis 1777 als Residenz. Vor allem unter Carl Theodor entwickelte es sich zum viel gerühmten europäischen Musenhof. Der Kurfürst liebte und förderte Kunst, Hofmusik, Oper, Theater und Wissenschaften. 1777 erbte er allerdings das Kurfürstentum Bayern und siedelte samt Hofstaat nach München um - das Mannheimer Schloss wurde zur badischen Nebenresidenz. Doch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte es unter Stéphanie von Baden seine zweite Blütezeit. Die Großherzogin belebte das Anwesen, das ihr Witwensitz war durch zahlreiche Privatgesellschaften mit Lesungen, guter Unterhaltung sowie Mal- und Zeichenstudien.

Universität und Museum in einem

Anfang der 1950er-Jahre zog die Wirtschaftshochschule Mannheim in den Ostflügel des Schlosses, in den 1960-Jahren erfolgte dann der Ausbau zur Universität, die heute den größten Teil des Gebäudes einnimmt. Im Mittelbau, dem sogenannten Corps de Logis, präsentiert das Schlossmuseum verschiedene historische Prunkräume, die zum Teil erst 2007 nach aufwendiger Renovierung wiedereröffnet wurden. Ausgestattet mit mehr als 800 Exponaten wie großformatigen Tapisserien, reich verzierten Möbeln, Gemälden, Gobelins, Statuen, Porzellan und Silber, zeigt sich hier die kurfürstliche Pracht. Beeindruckend ist auch das Bibliothekskabinett der Kurfürstin Elisabeth Augusta, das als einziger von mehr als 500 Schlossräumen seinen Ursprungszustand bewahren konnte.

Kultur im Schloss

Mit seiner Größe bietet das Barockschloss Mannheim eine einmalige Kulisse für Open-Air-Veranstaltungen. Und so findet im Sommer zum dritten Mal die Mannheimer Schlossnacht im Ehrenhof statt - ein Open-Air-Konzert mit dem Orchester und den Solisten des Nationaltheaters Mannheim sowie einem großen Synchron-Feuerwerk im Finale. Auch im Schloss selbst dient die historische Kulisse dem musikalischen Genuss, zum Beispiel beim Klavierkonzert der schwedischen Pianistin Ingrid Fuzjko Hemming im Rittersaal. Darüber hinaus lassen regelmäßige Lesungen, Vorträge sowie Führungen für Groß und Klein die Vergangenheit in den altehrwürdigen Schlossräumen auf unterhaltsame Art und Weise wieder lebendig werden.

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