André Cis

Selbstständiger Hotelier, Gastronom und Konsulent & freischaffender..., Kartitsch

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Vorort: So geht Storytelling | ÖGZ

Vorort: So geht Storytelling

08.02.2017

Letztens weilte ich berufsbedingt in einem kleinen, unscheinbaren Hotel in Kartitsch, Osttirol: das Panoramahotel Cis. Anfang Jänner saßen saisonbedingt nur wenige Gäste in der gemütlichen Kaminstube. Gastgeber André Cis nutzte die Gunst der stressfreien Zeit, um uns während des Servierens eines köstlichen regionalen Menüs mit Anmerkungen zur Herkunft des Essens und Anekdoten aus seinem (Zweit-)Leben als ausgebildeter Sommelier zu unterhalten

André Cis ist ein passionierter Sammler von Weinkuriositäten, die er auch seinen Gästen nicht vorenthält, sobald sie ernsthaftes Interesse zeigen. Das taten wir. Und Cis erzählte von einem genial-verrückten ehemaligen Professor am Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg (Südtirol), der sich in seiner Pension in Ritten bei Bozen der Praxis des Weinbaus hingab – und dabei alle Regeln, die er selbst einst unterrichtet hatte, über den Haufen warf. Als er vor einigen Jahren überraschend starb, hinterließ er einen illegal gebauten Weinkeller mit unzähligen Kuriositäten in unetikettierten Flaschen. Sonst nur Schulden und leider keine Aufzeichnungen über seine unkonventionellen Methoden. André Cis und einige Sommelier-Kollegen sichten seitdem diese Flaschen und versuchen herauszufinden, was sich in ihnen befindet: vermutlich vergessene autochthone Rebsorten, gekeltert nach vergessenen oder neu erfundenen Methoden. Darum bekommen diese Weine Fantasienamen und landen nie im Handel.

Was in unsere Gläser kam, schmeckte jedenfalls überdurchschnittlich und anders. Herrn Cis’ Erzählungen machten es endgültig unvergesslich. Die Gäste am Nebentisch aus Thüringen interessierten sich eigentlich für Wein nicht wirklich – eher für Langlauf. Aber eine gute Geschichte mochten auch sie. Und tranken darob kostspielige Tropfen, zu denen sie sonst nie gegriffen hätten.

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