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Landschaften für große Gefühle

Landschaften für große Gefühle

Zwei Tage voller "Liebe, Lesen und Leidenschaft": die Premiere des Festivals "Lit.Love" bei Random House


Frauenromane haben es nicht leicht. Viele Leserinnen lassen sich gerne von ihnen unterhalten - das belegen die Verkaufszahlen -, aber so richtig zugeben möchten das nur wenige. Als Stiefkinder des Feuilletons werden sie im besten Fall belächelt. Ihre roten oder pinken Cover zieren romantische Landschaften oder hochhackige Pumps. Titel wie "Ein Gefühl wie warmer Sommerregen" (Ella Simon) helfen auch nicht weiter, das Image der seichten Wohlfühl-Literatur zu vermeiden.


Das Untergenre "Love and Landscape" hat es womöglich noch schwerer, wird ihm doch der Stempel "Rosamunde Pilcher" aufgedrückt. Tatsächlich sieht Barbara Heinzius, Lektorin beim Goldmann-Verlag, hier aber Parallelen: "Maßgeblich ist, dass sich die Handlung an einem Sehnsuchtsort abspielt", sagt sie. Für die Figuren von "Love and Landscape"-Romanen gilt: Wer die Liebe sucht, muss aufs Land ziehen. Ob Australien, Afrika oder ein Ort in England - ein bewährter Schauplatz für die dramatische Liebesgeschichte ist essenziell. An diesen Ort reisen die Frauenfiguren, sie lernen dort einen temperamentvollen Kunsthändler oder einen familienorientierten Anwalt kennen. Die schwierige Liebe und die gemeinsamen Abenteuer münden in ein Happy End. Ursprünglich stammt das Genre von der Auswanderinnen-Saga aus dem 19. Jahrhundert ab. Das Auswandern spielt heute jedoch nur noch am Rande eine Rolle - heute kann Frau auch in der Nähe die Liebe finden.

Ob München auch ein Sehnsuchtsort sein kann? Heinzius verneint. Allerdings fungiert die Stadt als Gastgeberin für den Vortrag "Sehnsuchtsorte oder mehr Meer: Welche Rolle spielt die Landschaft im Liebesroman?" Barbara Heinzius wird darüber sprechen, wie wichtig das Setting eines Romans ist. "Liebe & Romantik" ist ein weiterer Themenschwerpunkt, zu dem das "Lit.Love"-Festival an diesem Samstag und Sonntag in das Verlagshaus von Random House einlädt. Zum ersten Mal finden sich hier 20 Autorinnen aus aller Welt zusammen, um aus ihren Büchern zu lesen oder bei Sofa-Gesprächen in Dialog mit ihren Fans zu treten. Damit sprechen die Veranstalter bewusst eine weibliche Zielgruppe an. Trotzdem könnte es auch für männliche Leser und Autoren interessant sein, hinter die Kulissen eines Verlagshauses zu blicken. Workshops und Diskussionen geben Aufschluss darüber, an wen man sich mit einem Manuskript wendet und wie ein Lektor arbeitet. Dass die Premiere der "Lit.Love" ausgerechnet am ersten Literaturfest-Wochenende über die Bühne geht, bleibt dagegen ein Rätsel. Womöglich, weil es nie zu viel Literatur geben kann? Vielleicht, weil Liebe blind macht?


Jedenfalls kann man auch Schriftstellerinnen aus Bayern bei Random House begegnen. Der Großteil an Liebesromanen stammt zwar aus dem englischsprachigen Raum - man denke an "Shades Of Grey". Doch auch hiesige Autorinnen schwärmen von der Romantik. So schreibt die 22-jährige Coburgerin Ulla Scheller in "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen" über einen verwunschenen Strand, an dem die Protagonistin Hanna ihre Liebe findet. Die Münchner Autorin Anne Sanders ließ sich auf einer Reise durch Cornwall zu der romantischen Familiengeschichte "Sommer in St. Ives" inspirieren. Und dass auch Mainz als Kulisse dienen kann, zumindest als geheimnisvolle, zeigt die Münchnerin Brigitte Riebe mit ihrem Historienroman "Die Versuchung der Pestmagd".


Auch internationale Größen besuchen das Festival: Neben Sylvia Day und Geneva Lee ist das die britische Autorin Katherine Webb, deren Bestseller in 30 Ländern erschienen sind. Webb liest aus ihrem aktuellen, sechsten Roman "Das Versprechen der Wüste". Übrigens kann man sich auch per Live-Stream ein Bild von der "Lit.Love" machen. Für den Fall, dass man am persönlichen Sehnsuchtsort unabkömmlich sein sollte.

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