Am 6. Mai finden in Griechenland vorgezogene Parlamentswahlen statt. Zugelassen wurden 32 Parteien – so viele wie noch nie seit dem Ende der Militärdiktatur 1974. Von Oktober 2009 bis November 2011 regierte die sozialdemokratische Partei Pasok unter Ministerpräsident Georgios Papandreou. Sie löste damals die liberal-konservative Partei ND ab. Papandreous Regierung war mit einem zuvor verschleierten hohen Haushaltsdefizit konfrontiert, das die von der Europäischen Union (EU) festgelegte Grenze deutlich überschritt.
Im Frühjahr 2010 beschlossen die EU und der Internationale Währungsfonds, Griechenland finanzielle Unterstützung zu gewähren, aber den griechischen Staatshaushalt direkt zu kontrollieren. Im Gegenzug zu diesem «Rettungspaket» verpflichtete sich die griechische Regierung zu Kürzungen im öffentlichen Dienst und bei den Renten sowie zu einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Ein zweites Rettungspaket wurde im Mai 2010 festgelegt. Nach anfänglicher Ablehnung des griechischen Parlaments wurde es schliesslich angenommen. Im Laufe des Jahres 2010 verschärften sich aufgrund der Haushaltskürzungen die wirtschaftliche Rezession und private Insolvenzen. Die Oppositionsparteien und die Bevölkerung reagierten darauf mit kontinuierlichen Demonstrationen und Streiks.
Griechenland erhielt im Juni 2011 ein drittes Rettungspaket. Im November 2011 kündigte Ministerpräsident Papandreou im Parlament eine Volksabstimmung über weitere Sparmassnahmen an, zog den Antrag aber zurück, nachdem die internationalen Hilfszahlungen kurzfristig eingestellt wurden. Angesichts des internationalen und innenpolitischen Drucks trat Papandreou am 9. November zurück. Unter Führung des parteilosen Wirtschaftswissenschaftlers und früheren Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank, Loukas Papademos, wurde eine Übergangsregierung gebildet, in der Mitglieder von Pasok, ND und der rechtsextremen Orthodoxen Zusammenkunft (Laos) Ministerposten übernahmen. Im März 2012 wurde schliesslich die Hälfte der griechischen Schulden von etwa 200 Milliarden Euro erlassen.
Laut Meinungsumfragen sind im neuen Parlament womöglich zehn Parteien vertreten, die überwiegend nicht koalieren wollen. Wenngleich die Zustimmung für ND und Pasok gesunken ist, lägen sie knapp vor dem linksradikalen Bündnis Syriza, der kommunistischen Partei KKE und der demokratischen Linken Dimar.
Zum Original