Alexander Moritz

Journalist I Moderator I Radiomacher, Berlin

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"Ein Teil stört noch!"

Auch wenn sie sich nie wirklich so fühlte: bis vor drei Jahren lebte Carina als Mann. (Foto: A. Moritz)

Carina Schmidt trinkt einen Prosecco an der Bar. Gegen die Aufregung vor ihrem ersten Interview, sagt sie augenzwinkernd. Es fällt schwer zu glauben, dass sie bis vor ein paar Jahren als Mann gelebt hat. Carina Schmidt ist transsexuell.

Besser gesagt, sie war es. Heute sei sie einfach eine Frau: "Ich bin froh, die Frau zu sein, die mir so vorschwebt. Ich muss noch ein bisschen dran arbeiten, aber wenn ein Taxifahrer zu mir schon sagt: "Gnädige Frau, darf ich Ihnen die Tür aufhalten." Dann ist alles ok."


Ärzte, Richter und Familie - beim eigenen Geschlecht wollen alle mitreden

Der Weg zur Frau war nicht einfach. Auch wenn sie es innerlich immer schon wusste - es dauerte lange, bis sie sich selbst das eigene Anders-Sein eingestand. Erst im Alter von 56 Jahren, nach dem Tod ihrer damaligen Frau, entschloss sie sich, so zu leben, wie sie sich in ihrem Innersten fühlt. Die Grenze zwischen den Geschlechtern zu überwinden ist nicht einfach. Dabei scheint der medizinische Aspekt fast das kleinste Problem zu sein. Seit einigen Jahren nun bekommt Carina Schmidt eine Hormontherapie. Alle drei Tage wechselt sie das Pflaster, dass das weibliche Sexualhormon Östrogen über die Haut an den Körper abgibt.


Selbsthilfegruppen für Trans- und Intersexuelle:

TransGenderTown Leipzig - Treffen jeden zweiten Freitag des Monats, 19.00 Uhr, RosaLinde

TSIS - Treffen jeden letzten Donnerstag des Monats ab 18.30 Uhr, Aidshilfe Leipzig


"Das ist wie eine zweite Pubertät, ich habe mich manchmal wie ein junges Mädchen gefühlt. Ganz verrückt im Kopf. Aber mittlerweile ist das vorbei." Die Hormone haben ihren Körper schon sehr verändert. Im Moment wartet Carina Schmidt auf den letzten Schritt, eine geschlechtsangleichende Operation. "Ein Teil stört halt noch und das muss weg."


Schwieriger war da schon der Umgang mit den Behörden. Drei psychologische Gutachten und ein Gerichtsverfahren brauchte es, bis Martin auch offiziell Carina hieß. Für den neuen Personalausweis zahlte sie, inklusive Gerichtskosten, 1500 Euro. Am Wichtigsten war aber die Reaktion ihres Umfelds. Diskriminierung habe sie nie erfahren, sagt Schmidt. Trotzdem hatten zum Beispiel ihre Arbeitskollegen anfangs noch Vorbehalte: "Ich war vierzig Jahre lang auf Arbeit als Mann. Die Umstellung fiel denen ganz schön schwer. Aber ich habe gesagt: "Leute, passt auf, hinterher lachen wir drüber." Und bei diesem Punkt sind wir jetzt fast angekommen."


Wie ihre Familie auf die neue Tochter reagiert hat, hören Sie im Audio-Porträt von Alexander Moritz.


Veröffentlicht bei mephisto 97.6 am 27.03.2013.

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