Da muss ich sofort an meinen Rucksack-Trip mit Revolverheld-Gitarrist Niels Hansen durch Thailand denken. 2007 war das, und die dreiwöchige Reise ist mir deshalb so gut in Erinnerung geblieben, weil sie sich wie mehrere Urlaube in einem angefühlt hat: Erst waren wir in der pulsierenden Millionenstadt Bangkok unterwegs, von dort fuhren wir mit dem Nachtzug in die einstige Kaiserstadt Chiang Mai im Norden des Landes. Zwölf Stunden lang lagen wir auf schmalen Pritschen mit unseren Rucksäcken im Arm. Man hatte uns geraten, das Gepäck lieber festzuhalten, damit es uns keiner klaut. Dabei herrschte in unserem Wagen ein schönes Gemeinschaftsgefühl. Wir teilten unseren Proviant mit anderen Reisenden und kamen sogar relativ ausgeruht in Chiang Mai an. Dort haben wir uns Räder geliehen und sind einen Tag lang durch die antiken Ruinen von Wiang Kum Kam geradelt. Das Areal ist so groß, dass es sich zu Fuß in so kurzer Zeit kaum erschließen lässt. Auf einem Markt in Chiang Mai probierten wir auch frittierte Grillen und Maden.
War das nicht gewöhnungsbedürftig?Ich fand die ganz lecker. Das ist eine reine Gewöhnungssache. Wirklich abenteuerlich wurde es, als wir dann weiter in die Stadt Sukhothai reisten, um von dort fünf Tage lang mit einem Guide durch den Dschungel zu wandern. Nach den ersten Stunden Fußmarsch wurde uns bewusst, dass wir völlig abgeschnitten von der Zivilisation waren. Ein wirklich ungewohntes Gefühl, zumal wir die Reise zu einer Zeit machten, in der wir sonst 180 Konzerte im Jahr spielen und fast nie Zeit für uns haben. Und ohne unseren ortskundigen Führer wären wir verloren gewesen! Jeden Tag marschierten wir acht bis zehn Stunden durch das grüne Dickicht, nachts schliefen wir in Bambushütten in kleinen Dörfern. Deren Bewohner kochten abends für uns mit. Das Essen wurde auf offenem Feuer zubereitet, es gab hier draußen nur Plumpsklos - es war alles sehr einfach. Aber mit den Geräuschen des Dschungels im Ohr einzuschlafen war einfach unbeschreiblich schön. Zum Ende der Reise haben wir noch auf Kho Tao einen Tauchkurs gemacht. So traumhafte Strände wie dort hatte ich zuvor noch nie gesehen.
Sind Sie auch heute noch mit dem Rucksack unterwegs?Seit meine Frau Anna und ich Eltern sind, hat sich die Art, wie wir Urlaub machen, verändert. Ich bin nicht der Wahnsinnige, der sich das Kind vor die Brust schnallt und noch einen Rucksack schleppt. (Lacht) Aber je älter unser Sohn Emil wird, desto mutiger werden wir. Vor zwei Jahren, als er fünf war, sind wir drei einen Monat lang mit dem Auto durch die USA gefahren. Da hatten wir nur einen ganz groben Plan, wo es jeweils hingehen soll. Oft haben wir unsere Hotels erst eine halbe Stunde vor Ankunft gebucht. Wir bleiben einfach gern spontan dort, wo es uns gerade gefällt. Auch sonst buche ich meine Reisen flexibel und reise mit so wenig Gepäck wie möglich. Durch meinen Job bin ich natürlich ein Weltmeister im Kofferpacken. Meist fange ich erst drei Stunden vor Abflug damit an.
Seit fast 20 Jahren touren Sie immer wieder mit Revolverheld durch Deutschland. Was haben Sie dabei über Ihre Heimat gelernt?Wie vielseitig Deutschland ist. Wir waren mit der Band wirklich schon fast überall, aber entdecken trotzdem immer noch neue Ecken. Gerade erst haben wir in Wiesbaden gespielt und sind dort mit einem Boot die Seitenarme des Rheins entlanggefahren. Zwei andere Bandmitglieder und ich haben kürzlich den Motorbootführerschein gemacht - deshalb ist es unser neues Hobby, auf Tournee an freien Tagen Bootstouren zu machen. Ich finde es bis heute toll, die Orte, in denen wir spielen, auch zu erkunden. Ich spaziere dann durch die Stadt, gehe in Museen, stöbere in Plattenläden. Gerade bin ich in Marburg, einem echt hübschen Städtchen mit einer autofreien Innenstadt, vielen netten Cafés und einer lebendigen Studentenszene. Privat wäre ich hier vielleicht nie gelandet. Umso mehr freue ich mich, dass ich nun trotzdem hier bin.
Wo hat es Ihnen in Deutschland noch gut gefallen?Wir haben mal eine Tour gemacht, die wir irgendwann die „Schlösser- und Burgentour" genannt haben, weil wir ständig in alten Gemäuern auftraten. Einmal haben wir in der Nähe von Schloss Neuschwanstein gespielt - dieses kitschige Disney-Schloss inmitten dieser herrlichen Natur ist schon ein besonderer Anblick! Wir treten auch gern in Skigebieten auf, da hängen wir dann oft ein paar Tage ran, um Ski zu fahren. Genauso herrlich finde ich es, auf Sylt oder Norderney am Strand zu spielen und während des Konzerts die Sonne im Meer versinken zu sehen.
Woher kommt Ihre Neugierde, immer Neues entdecken zu wollen?Wahrscheinlich daher, dass meine Eltern schon viel mit mir gereist sind, als ich ein Kind war. Beide waren Lehrer und hatten deshalb immer sechs Wochen Sommerferien. Das war natürlich der Jackpot! Oft waren wir erst in den österreichischen Bergen und dann noch am Meer, etwa auf Bornholm, Spiekeroog oder Kreta.
Gibt es eine Zugreise, die Sie nie vergessen werden?Ich bin mal mit dem Zug von Boston nach New York gefahren. Ein Großteil der Strecke führt an der Küste entlang und ist so schön, dass ich die ganze Zeit aus dem Fenster geschaut habe. Ich kann nur jedem empfehlen, mal mit dem Zug in die Weltstadt New York zu fahren. Ein unvergessliches Erlebnis!
Welche Reisepläne haben Sie für die Zukunft?Ich würde unserem Sohn gern ein paar Städte in Europa zeigen. Zum Beispiel Wien, weil die Stadt einfach kulinarisch und kulturell viel Spaß bringt. Paris, Rom und Kopenhagen stehen auch auf meiner Liste. Und Madrid! Meine Frau und ich sind mit Real-Star Toni Kroos befreundet. Er hat uns mehrmals eingeladen, aber wegen Corona hat es mit der Reise bislang nicht geklappt. Das müssen wir unbedingt bald nachholen!
Revolverheld touren noch bis zum 10. September durch Deutschland. Ihr neues Album erscheint im Herbst. Alle Termine unter www.revolverheld.de.